Die häufigsten Läsionen des vorderen Mediastinums stellen Tumoren des Thymus, Lymphome und Keimzelltumoren dar. Hier sind auch noch die Parathyreoidveränderungen sowie gutartige Weichteiltumoren wie das Lipom, Hämangiom, Lymphangiom und Fibrom zu nennen.

Thymom
Thymome gehen von der Thymusdrüse aus, die sich zwischen dem Brustbein und den grossen Gefässen befindet. Die Thymusdrüse ist bei Kindern für die Schulung der T-Zellen des Immunsystems verantwortlich, bildet sich jedoch im Erwachsenenalter üblicherweise zu einem kleinen Rest zurück. Thymome sind seltene maligne Tumoren und repräsentieren etwa 0,2 – 1,5% aller Malignome. In etwa 50% der Fälle ist die Ursache für einen Tumor im vorderen Mediastinum ein Thymom. 10 –15% von Mysthenia gravis-Ekrankten weisen ein Thymom auf. Umgekehrt können bei etwa 45% der Betroffenen mit einem Thymom Symptome einer Myasthenie nachgewiesen werden. Bis heute ist der Zusammenhang zwischen dieser Autoimmunkrankheit und dem Auftreten eines Thymoms nicht eindeutig geklärt. Beide Geschlechter sind etwa gleich häufig betroffen und die meisten zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr. Thymome sind häufig mit Autoimmunerkrankungen vergesellschaftet, hierbei ist die Myasthenia gravis am häufigsten vertreten. Für die onkologische Thymuschirurgie gilt die mediane Sternotomie als Standardzugang, wobei eine minimalinvasive Operation in Schlüssellochtechnik in Abhängigkeit von der Tumorgrösse und Lokalisation möglich ist.

Keimzelltumoren
Keimzelltumoren des Mediastinums stellen insgesamt eine Rarität dar und treten fast ausschliesslich bei Männern auf. Auch wenn dieser Tumor insgesamt sehr selten ist, so ist die genaue Einteilung bzw. Klassifikation entscheidend, da die Therapiekonzepte bei dieser Art von Tumoren sehr unterschiedlich sind. Auf Grund des Therapiekonzeptes werden diese Keimzelltumoren am besten in drei Gruppen eingeteilt: die Seminome, die Nicht-Seminome und die benignen Keimzelltumoren.

  • Benigne Keimzelltumoren
    Zu der Gruppe der benignen Keimzelltumoren gehören die Epidermoidzyste, das Dermoid, das benigne Teratom oder einfach Teratom genannt. Entscheidend in der Diagnostik der Keimzelltumoren ist die Bestimmung von alpha-Fetoprotein und beta-HCG. Das bedeutet, dass bei jungen Männern zur Routinediagnostik die Untersuchung dieser Tumormarker gehören, denn hierdurch können schon erste Hinweise auf eine Malignität gewonnen werden. Sollten beide Tumormarker erhöht sein, so ist am ehesten von einem malignen Keimzelltumor auszugehen. Die Therapie der Wahl der benignen Keimzelltumoren ist die chirurgische Resektion. Die Prognosen dieser Tumoren nach Resektion sind hervorragend. Die 10-Jahres-Überlebensraten liegen je nach Untersuchung bei 90 – 100%.

  • Seminome
    Der häufigste Tumor unter den malignen Keimzelltumoren des Mediastinums ist das Seminom. Insgesamt ist das Seminom ein langsam wachsender Tumor, der meistens durch eine grosse mediastinale Tumormasse mit lobulärer Struktur auffällt. Des Weiteren ist der Tumor durch Nekrosen und Hämorrhagien gekennzeichnet. In der Regel sind die primären Seminome des Mediastinums im vorderen Mediastinum lokalisiert. Es gibt jedoch auch Fallberichte von Lokalisationen im mittleren und hinteren Mediastinum. Gerade in der weiteren Diagnostik und Therapie und vor allem im Follow-up der Seminome ist die Tumormarker-Bestimmung (Alpha-Fetoprotein und Beta-HCG) unerlässlich.
    Primäre mediastinale Seminome haben häufig erhöhte Beta-HCG-Werte, aber niemals Alpha-Fetoprotein-Erhöhungen. Des Weiteren ist bei Patienten mit einem nachgewiesenen Keimzelltumor die Untersuchung der Hoden unerlässlich. Bei dem begründeten Verdacht auf ein Seminom steht die Chemotherapie bzw. Bestrahlung im Mittelpunkt des Behandlungskonzeptes. Die chirurgische Therapie dient lediglich der histologischen Sicherung. Diese histologische Sicherung kann wiederum durch eine Mediastinoskopie, eine Thorakoskopie oder in Ausnahmefällen auch durch eine Thorakotomie erfolgen. Die histologische Sicherung ist vor allem dann anzustreben, wenn durch die Tumormarker-Konstellation nicht sicher ein Seminom ausgeschlossen ist. Auch bei Patienten mit kleinen Tumoren und geringem OP-Risiko steht im Mittelpunkt der Therapie die Chemotherapie, mit der Heilungsraten zwischen 88 und 100% erzielt werden können. Sollte trotzdem akzidentiell ein Seminom erst nach der operativen Therapie festgestellt worden sein, so ist diese alleinige Operation unzureichend für die Therapie eines Seminoms und es bedarf einer adjuvanten Bestrahlung und gegebenenfalls auch einer Chemotherapie, was im Einzelfall entschieden werden muss. Einen festen Stellenwert hat die operative Therapie beim Seminom lediglich bei verbliebenen residualen Tumormassen. Die Indikation in dieser Situation ist gegeben, da hierdurch nicht-seminöse Anteile des Tumors nachgewiesen werden können bzw. bildmorphologische Korrelate reseziert werden, bei denen nicht sicher zwischen Resttumor und Nekrose unterschieden werden kann.

  • Nicht-seminöse Tumoren
    Nicht-seminöse Tumoren stellen eine heterogene Gruppe an Tumorentitäten dar, die jedoch alle nach dem gleichen Therapiekonzept behandelt werden. Die häufigsten Entitäten sind das Teratokarzinom, der Dottersacktumor, das embrionale Karzinom und das Chorionkarzinom. Wie bei allen Keimzelltumoren ist auch hier die Bestimmung von ß-HCG und alpha-Fetoprotein und zusätzlich von LDH von entscheidender diagnostischer Bedeutung. Alpha-Fetoprotein Erhöhungen deuten immer auf ein Nicht-Seminom hin, auch wenn die Biopsie ein reines Seminom zeigt. Ist bei Patienten ß-HCG und alpha-Fetoprotein auf über 500 ng/ml pro ml erhöht, so liegt immer ein Nicht-Seminom vor und eine Kombinationschemotherapie ist erforderlich. Durch dieses Therapiekonzept liegt das 5-Jahresüberleben bei 40 – 45%. Die Bedeutung der Chirurgie bei den Nicht-Seminom Keimzelltumoren ist in der Behandlung und Diagnostik von residualem Tumor zu sehen.

Lymphom
Bezogen auf die mediastinale Lokalisation sind die Lymphome verantwortlich für 20% aller Läsionen im vorderen und mittleren Mediastinum. Lymphome im hinteren Mediastinum stellen eine extreme Rarität dar. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass bei Kindern 45% der Tumorformation im vorderen Mediastinum sich als Lymphome herausstellen. Des Weiteren ist bei der Therapie der Lymphome zu berücksichtigen, dass zwar 60% der Hodgkin-Lymphome ihre Erstmanifestation im Mediastinum aufweisen, jedoch lediglich 3% dieser Tumoren auf die intrathorakale Lokalisation beschränkt sind. Bei den Non-Hodgkin-Lymphomen ist in 20% der Fälle das Mediastinum involviert und auch hier gilt, dass nur weniger als 10% auf diesen Ort beschränkt sind. Aufgrund dieser systemischen Erkrankung der Lymphome ist der Stellenwert der operativen Therapie als Staging und histologische Sicherung zu sehen. Zu diesem Zweck werden diese Lymphome in Abhängigkeit der Lokalisation im vorderen Mediastinum entweder durch eine Mediastinoskopie oder einen Chamberlain-Eingriff bzw. durch eine Thorakoskopie histologisch gesichert. Bei Lokalisation im mittleren Mediastinum bietet sich wiederum eine Thorakoskopie oder in Ausnahmefällen auch eine Thorakotomie an.

Schilddrüsentumor
Schilddrüsentumore können sich von der eigentlichen Schilddrüse am Hals direkt bis in das Mediastinum erstrecken, oder es handelt sich um Tumore, die von überschüssigem Schilddrüsengewebe ausgehen, welches sich im Mediastinum befindet. Die Diagnose eines Schilddrüsentumors kann häufig anhand spezieller Untersuchungen gestellt werden. Die operative Entfernung ist angezeigt, wenn es sich möglicherweise um einen bösartigen Tumor handeln könnte oder es sich um eine sehr grosse Schilddrüse handelt.